Sonntag, 17. Juni

 

Bereits gestern haben wir bei Karigasniemi die Grenze zu Norwegen erreicht und hatten einen schönen Sauna Abend auf dem Campingplatz in Skoganvarre. Diesem Campingplatz ist allerdings unbedingt anzumerken, das er extrem schmuddelig ist. Normalerweise ist Achim noch wesentlich pingeliger als ich, aber die Aussicht auf die Holzsauna haben für ihn alles relativiert. Es ist frisch und wolkig draußen und wir frühstücken drinnen. Nach dem wir Wasser getankt haben gehts weiter auf die Piste. Denn heute wollen wir es wissen!!!

 

Nordkap, wir kommen!!!

 

Für heute und nur für heute sind beste Wetterprognosen. Also auf gehts, wir wollen unbedingt hin. Es sind 217 Kilometer zu fahren. Wir müssen uns ganz schön umgewöhnen, denn wir sind verwöhnt von den geraden breiten Straßen von Schweden und Finnland. Hier sind die Straßen kurvig, eng und nicht sehr breit. Trotz der faszinierenden Landschaften sind wir beide sehr konzentriert, denn bereits eines der ersten uns entgegenkommenden Wohnmobile hat einen notdürftig reparierten Seitenspiegel. Schon alleine die Fahrt ist ein Abenteuer und lassen uns das Ausmaß der Schönheit des Landes erahnen. Die schroffen Felsen und das glasklare Wasser sind eine Augenweide. Sehr wahrscheinlich sind wir ebenso geflashed vom Anblick wie jeder andere Urlauber der zum ersten Mal nach Norwegen reist. 212 Kilometer zu fahren bedeuten hier also mindestens 4 Stunden Fahrzeit einzukalkulieren. Es geht durch viele Tunnels, darunter auch den Nordkaptunnel. Dieser verbindet die E69 mit der Insel Mageroya, auf der das Nordkap liegt und ist 6875 Meter lang. Die größte Steigung beträgt 10%, also vergleichbar mit unserem Hausberg in Schliengen. er ist an tiefster Stelle 212 Meter unter dem Meeresspiegel und somit der drittlängste Unterwassertunnel Europas. Wir haben ordentlich Druck auf den Ohren als wir durchfahren. Die Landschaft wird immer felsiger und wir sehen riesige Rentierherden entlang unserer Route.

 

 

Dann oh Schreck, alles neblig. Oh nein, jetzt reifeln wir den ganzen Tag hier hin um dann entgegen der Prognosen weder Sicht, noch angenehme Temperaturen für unser nördlichstes Ziel zu haben? Was solls, wir sind hier und werden das Beste draus machen. Wir bezahlen eine Unsumme um hier oben übernachten zu dürfen und finden einen Panoramaparkplatz mit freier Sicht auf die gewaltigen Anhöhen des Kaps. Im Vorfeld haben wir beide keine Vorstellung über die Dimensionen des Nordkaps gehabt, weil wir vordergründig nur die Bilder der Kugel kennen. Doch die Höhen der einzelnen Vorsprünge sind gewaltig und unvorstellbar hoch. Jetzt hab ichs vor lauter Eifer doch vergessen zu schreiben, denn das unglaubliche ist passiert. Das Wetter klart auf, denn die Nebel- und die Wolkenfront verziehen sich. Ja ist es denn möglich? Als wir bei der Kugel sind ist der Umschwung klar erkennbar. Einfach unglaublich, denn wir haben schon wieder Glück. 2 Wochen und 2 Tage sind wir jetzt schon unterwegs im Norden und solch ein Wetter. Wir schäumen über vor Glück und posen natürlich mit vielen anderen Reisenden vor der Kugel um die Wette. Anschließend besichtigen wir die Nordaphallen und schauen uns einen Breitbildfilm über die Jahreszeiten an. Mittlerweile ist es windstill und wolkenlos und es hat satte 18 Grad. Als wir angekommen sind hatte es gerade mal 9 Grad. Natürlich packen wir unsere Stühle aus und genießen mit vielen anderen Reisemobilisten die warmen Sonnenstrahlen und können unser erneutes Glück kaum fassen. Ehrfürchtig werden hier Heckklappen von Vans geöffnet um Ausblicke zu fotografieren, Kaffee getrunken auf einer Decke, die auf Steinen liegt und mit vollen Weingläsern hörbar angestoßen. Was für eine Stimmung. Auch wir packen erstmal Handy und Laptop weg. Deutschland verliert im ersten Spiel der WM 2018 gegen Mexiko. Hier interessiert das niemanden, denn wir alle haben gewonnen mit einem unvergesslichen Abend am Nordkap. Auch heute verschicken wir wieder Urlaubspost, diesmal auch an uns selbst und hoffen das die Post schneller zuhause sein wird als wir.  Vor uns liegen jetzt nämlich erst noch  6 Wochen Urlaub in unserem Hauptreisezielland Norwegen.

Ganz bestimmt werden wir heute und vor allem heute noch lange wach bleiben. Aber ohne Handy und Laptop, deswegen Gute Nacht !!!

Monta, 18. Juni 

 

Heute Morgen wollen wir uns das Frühstücksbuffet in den Nordkaphallen gönnen. Wir müssen früh aufstehen, da das nur bis um 9 Uhr möglich ist. Zuvor machen wir uns nochmals auf an die Kugel um letzte Fotos zu machen und Tim bekommt sein Geburtstagsständchen per Video. Wir sind immer noch völlig überwältigt von unseren Erlebnissen und den gewaltigen Eindrücken. Das Frühstück wurde allerdings größer angepriesen als es tatsächlich ist. Eventuell liegt es an der Nebensaison? Wir können es ja nicht einschätzen. Es macht einen sehr abgeräumten Eindruck auf uns und wir haben bereits kurz nach 8 Uhr leere Schüsseln und Brotkörbe. Satt werden wir trotzdem und der Ausblick auf die Kugel ist wie fernsehen. Kurz bevor wir gehen spreche ich noch mit Deutz-Eugen. Er hat vorhin seinen Trecker vor die Kugel gestellt um zu fotografieren. Er ist mit Deutz-Traktor und Wohnwagen durch Norwegen ans Nordkap gefahren. Seine Rückreise wird er an der russischen Grenze zu Finnland über Schweden antreten. Aufgrund seines originellen Gespanns hat er immer schnell Kontakt geknüpft, was ihm das Gefühl gibt nie völlig alleine zu sein. Es hat hier oben nicht nur Wohnmobile, Autos und Busse, sondern auch viele Motorradfahrer  und Fahrradfahrer mit Zelten. Himmel, was machen die den bei schlechtem Wetter...?

 

Fazit Nordkap:

 

Wir würden die vielen Kilometer ganz hoch wieder fahren. Die gewaltigen Felsen und die Höhe der Abhänge sind ein imposanter Anblick und da wir außer von der Kugel nicht wirklich eine Vorstellungskraft davon hatten, waren es uns die vielen Kilometer auf jeden Fall wert. Sollten wir jemals wieder soweit nördlich touren, würden wir es wetterabhängig machen. Wenn man lediglich die Kugel sieht und vor lauter Nebel oder Regen keine Sicht in die Landschaft hat, wären es uns die Kilometer nicht wert. Die norwegische Wetter App "Yr" hat tatsächlich erst für den späteren gestrigen Nachmittag gutes Wetter gemeldet und für die nächsten Tage nur noch schlechteres Wetter. Wahrscheinlich wären wir auch bei Schlechtwetterprognosen hochgefahren, weil wir noch nie da waren. Wir haben einfach unbeschreiblich großes Glück, das Nordkap gleich beim ersten Mal so zu erleben. Deswegen beim nächsten Mal nur mit Schönwetterprognose, ansonsten werden wir mit den Bildern von gestern und heute im Herzen gleich der Beschilderung nach Alta folgen.

Vermutlich machen wir auf unserer Rückreise einen typischen Anfängerfehler und ver- und entsorgen auf dem letzten/ersten  Campingplatz vor/nach dem Nordkap für umgerechnet über 10 Euro. Das war ein teurer Scheixx ;-), denn wir kommen nach unserer Weiterfahrt an einer Tankstelle vorbei, wo man kostenlos entsorgen kann. So, wohin wollen wir heute eigentlich? Hier oben ist ziemliches Niemandsland und wir beschließen nach Hammerfest zu fahren, der nördlichsten Stadt der Welt. Das mittlerweile auch eine Stadt in Alaska diesen Status für sich beansprucht, scheint hier aber niemanden zu interessieren. Hier gibt es weiterhin einen Messpunkt, welcher der Vermessung der Welt dienen sollen. Ein Russe und sein Team haben 1855 vom schwarzen Meer her auf einer Distanz von 3000 Kilometer Messpunkte auf Bergspitzen verteilt, um damals die Erdkrümmung zu vermessen. In Hammerfest den nördlichsten davon. Sie sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. In Hammerfest fahren wir auf den Stellplatz am Hafen und erwischen den letzten freien Stellplatz. Der Stellplatz ist schön und mit Blick auf das Eismeer. Hammerfest selbst hat eher wenig Flair. Wir essen eine Kleinigkeit, besichtigen die Kirche und den Messpunkt. Anschließend verziehen wir uns bald ins Fahrzeug, weil es immer wieder starke Windböen hat und es frisch ist wenn sich Wolken vor die Sonne schieben. 

Dienstag, 19. Juni

 

Da passen wir wir einmal nicht auf und schon fährt einem die Aida ins Wohnzimmer. Wir staunen nicht schlecht, als die Riesin direkt vor uns durchfährt und in Hammerfest anlegt. Schiffsurlaub können wir uns keinen vorstellen. Einzigst mit den Hurtigruten einmal Norwegen von der Wasserseite zu erleben und die als schönste Wasserstraße der Welt gepriesene Strecke abzufahren, das ist mit Sicherheit sehr eindrücklich. 

Heute gibts nicht viel zu schreiben. Wir fahren von Hammerfest nach Alta (Altaaaa... wie Achim in typischer Kanak Sprak immer wieder sagt), erreichen wieder Zivilisation und die Vegetation links und rechts der Straße ist nicht mehr so karg. Wir sind  immer noch weit über dem nördlichen Polarkreis am Eismeer in der Finnmark, also kein Wunder. Alta macht auf uns einen sehr freundlichen Eindruck mit sehr schönen und teilweise sehr großen Holzhäusern. Hier scheint fast jedes Kind seinen eigenen Spielplatz im Garten zu haben. Trotzdem fahren wir durch, denn wir wollen wieder Natur pur. Unser heutiges Ziel ist ein paar Kilometer weiter südlich, denn wir wollen freistehen. Im weiteren Verlauf sehen wir paar Zelte und Souvenirschilder. Geschäftstüchtige Samen verkaufen am Straßenrand in traditioneller Kleidung ihre Produkte. Dahinter ist eine große freie Fläche mit Sicht über den Altafjord. Hier an diesem westlichen Fleck versprechen wir uns am meisten Aussicht auf die Mitternachtssonne. Der Himmel ist blau und nur ab und zu ziehen Wolken durch. Wieder hat das Wetter aufgeklart. Heute morgen war es noch sehr wolkig und heute Nacht hat es auch mal getröpfelt. Unser erster Regen seit wir unterwegs sind. Wir stellen uns auf die Wiese und haben keine Lust mehr was zu unternehmen, mit den Hunden kann man hier gut laufen. Es gibt Trampelpfade nach unten an den Fjord. Gegen Abend sammeln wir Holz und wir machen ein Lagerfeuer. Achim grillt sich Basler Klöpfer, die hat er echt gut drauf und weg müssen sie auch. Mir macht er  gerösteten Maiskolben. Schmeckt super und da wir weit und breit niemanden sehen schmatzen wir genüsslich vor uns hin.  Da es windstill ist, können wir den Abend draußen verbringen. Wir bekommen noch Gesellschaft von einem ganz jungen österreichischen Paar. Sie sind mit dem Bus unterwegs und haben zuvor Gas getankt. Leider wohl zuviel, denn die Flasche hat einen Überdruck. Mit Hilfe unserer Personenwaage haben sie gewogen und siehe da, fast ein Kilo zuviel in der Flasche. Er muss also erstmal ablassen, damit das Gas auch im Fahrzeug funktioniert. 

Heute Abend hat es erstmals wieder Schnaken und wir sprühen uns und die Hunde ein. Es war ist ein schöner und ruhiger Tag heute und wir beenden ihn mit einem Glas Wein, obwohl es eher wie ein Frühschoppen wirkt.

Mittwoch, 20. Juni

 

Es ist sehr warm heute Morgen, deswegen stehen wir relativ zeitig auf. Das sympathische junge Paar verabschiedet sich von uns und wir tauschen noch unsere Reisetipps aus. Sie fahren auf unserer bereits gefahrenen Route zurück und wir fahren genau ihre Tour weiter. Da es so schön warm ist, wird es ein längeres Frühstück und wir fahren erst gegen Mittag weiter. Unser erstes Ziel ist nicht weit. 

 

Ein Gletscher kalbt???

Wir fahren zum Oksfjordbren, dem einzigsten Gletscher Norwegens der bis ins Meer kalbt. Ins Meer kalbt? Diese Ausdrucksweise ist mir überhaupt nicht geläufig. Beim Anblick des Gletschers klärt sich das ganze sofort.  Zuvor fahren wir aber erstmal auf den Parkplatz um nach einer kurzen Wanderung noch bessere Sicht auf den Giganten zu bekommen. Da es heute allerdings trüb und immer wieder regnerisch ist, haben wir leider keine so gute Sicht. Das ist schade, denn wir hätten gerne eine Bootstour zum Gletscher gemacht. Die dichte Wolkendecke und aufkommender Nebelschwaden nehmen stetig zu und somit muß der Blick von der anderen Uferseite des Fjords ausreichen. Anschließend fahren wir weiter und erstmals über einen der riesigen Berge. Wir schrauben uns auf gut ausgebauter Straße über 400 Meter hoch und machen einen Stopp bei der Aussichtsplattform Gildeton. Hier hätte man eine fantastische Sicht über den Fjord, doch wir haben leider nicht das richtige Wetter. Uns pfeift der Wind um die Ohren und ich warne Achim gleich vor, das ich unser Wohnmobil heute nicht mehr verlassen werde. Doch weit gefehlt, der Hunger zieht uns in das Café und wir essen super frischen Lachs. Achim erinnert mich vorab, das ich meine Oma Erna Fellhausschuhe noch an den Füßen habe. Mein lieber Mann, die ziehe ich heute auch nicht mehr aus!!! Der Lachs schmeckt mit warmen Füßen noch viel besser als in kalten Turnschuhen. 

So, und weil ich mit Oma-Erna Fellhausschuhen frischen Lachs essen darf, fahre ich ohne zu meckern einen Campingplatz mit Sauna an. Auf dem Fosselv Camping finden wir das Saunazeichen und biegen rechts ab. Wir buchen die Sauna auf 18 Uhr und haben direkt nebenan einen Fluß um uns abzukühlen. Sowohl das Saunahaus mit der Holzsauna, als auch die Ruhehütte mit dem offenen Kamin sind sehr gemütlich. Wir bleiben den ganzen Abend und schwitzen uns ordentlich aus. Ich gehe sogar in das eiskalte Wasser des Flusses. Nach den Saunagängen will ich zum Wohnmobil, da pfeift mir auf einmal ein Mann aus einer Hütte "Hej, com in" zu. Na klar, da bin ich dabei und Achim hat keine Wahl.  Der Seniorchef des Platzes, einige Stammgäste und ein schweizer Paar auf dem Weg zum Nordkapp sitzen bereits auf der gemütlichen Bank um die Feuerstelle der Hütte und wir verbringen einen lustigen Abend zusammen. Wir sprechen zwar verschiedene Sprachen, doch jeder versteht sich. Hier scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Der Seniorchef des Platzes verabschiedet sich beizeiten, er fährt morgen nach Finnland um einzukaufen. Hä? Wieso das denn? Ganz einfach, er hat zu seinem baldigen siebzigsten Geburtstag 150 Gäste und benötigt ausreichend Alkohol.  Wir schließen uns an und wünschen Gute Nacht. 

Donnerstag, 21. Juni

 

Heute ist kalendarischer Sommeranfang, doch nicht bei uns. Es ist immer noch trüb und es fallen immer wieder kleine Regentropfen vom Himmel. Eigentlich wollten wir noch einen Tag auf dem herzigen Platz bleiben, doch wir stehen hier auf unbefestigtem Grund und alles ist matschig. So ziehen wir heute weiter und es geht in Richtung Tromsö, eine der schönsten Städte Nordnorwegens.  Vorher verabreden wir uns noch mit einem Schweizer Paar in der Grillhütte auf einen Kaffee. Wir haben uns gestern Abend noch lange unterhalten und wir wollen noch Adressen und Telefonnummern tauschen. Erst um die Mittagszeit packen wir zusammen und setzen unsere Tour fort. Die Fahrt ist auch heute wieder wunderschön, leider haben wir wenig bis gar keine Sicht. Eine geplante Wanderung fällt schonmal ins Wasser, denn die Wetterprognosen versprechen auch in den nächsten Tagen Shitwetter. Aber nach fast drei Wochen Traumwetter ist das jetzt durchaus kein Grund zur Klage. Bis Tromsö wären es 243 Kilometer, die laut Reiseführer schön zu fahren sind. Wir entscheiden uns jedoch für die zwei Fährverbindungen und ersparen uns so über 100 Kilometer unserer Route. In Tromsö selbst fahren wir über die wunderschöne Brücke ins Stadtzentrum und stellen uns mit Blick auf die Eismeerkathedrale direkt ans Ufer des Fjords auf den Parkplatz des Polariamuseums. Auch andere Wohnmobilisten haben den gleichen Gedanken und der Parkplatz füllt sich komplett mit Wohnmobilen. Viele bekommen keinen Platz mehr und müssen nach Alternativen schauen. Wir sind unschlüssig ob wir noch in die Stadt gehen sollen. Ah, nein doch nicht mehr. Wir gehen noch los. 

Tromsö (Trumsö), die lebendige Stadt am Eismeer,

 

Tromsö ist die größte Stadt nördlich des Polarkreises und sie wird ihrem Ruf als schönste Stadt absolut gerecht. Die  Stadt hat keine lange Geschichte, denn bis 1815 lebten hier weniger als 100 Menschen. Heute sind es mehr als 72.000, denn die Lage auf einer Insel ist außergewöhnlich. Die alten Häuser wurden vom Krieg verschont und so stehen noch viele denkmalgeschützte Häuser aus dem 19. Jahrhundert zwischen den mondänen Neubauten. Tromsö ist das Paris des Nordens, da es hier viel Kultur gibt und in der alten Storgata hat es wunderschöne Boutiquen. Tromsö ist das Tor zum Eismeer, weil viele Arktisexpeditionen von hier aus starteten. Das Norwegische Polarinstitut und die nationale Polarforschung haben hier ihren Sitz. Tromsö ist Universitätsstadt und wächst stetig. Das markanteste Gebäude ist die Eismeerkathedrale auf die wir vom Fenster aus schauen können. Sie steht direkt neben der Tromsöbrücke auf der Festlandseite. Sie wollen wir auch noch besichtigen, da sie die größten Glasmosaikfenster Europas hat. Doch heute Abend wollen wir uns nur noch einen ersten Überblick verschaffen und machen uns auf den Weg zu Macks Ölbryggeri.

 

Deutsches Bier in Norwegen???

 

Der Bäcker Ludwig Mack kam auf seiner Wanderschaft nach Tromsö und als Sohn eines Braumeisters fiel ihm auf, das es keine Brauerei gab. Er gründete 1877 Macks Ölbryggeri (Macks Bierbrauerei). Bis heute werden die Biere nach deutschem Reinheitsgebot gebraut. In den Ölhallen, dem nördlichsten Bierkeller der Welt, wird ab vormittags Bier ausgeschenkt. Die Bierhalle war schon immer Treffpunkt für Walfänger und Polarforscher. Als wir eintreffen läuft im hinteren Teil der lustigen und gemütlich dekorierten Halle Fußball WM. Kroatien gewinnt 2:0 gegen Argentinien und die Norweger feiern. Wir machen eine Bierprobe mit fünf verschiedenen Biersorten. Hallelujah, teilweise zieht es mir den Magen zusammen. Achim schmeckts super gut. Dann ist aber auch gut und wir schwanken gut gelaunt ins Bett.

Freitag, 22. Juni

 

Heute sind wir 3 Wochen unterwegs und normalerweise treten wir spätestens am Freitag die Rückreise nach Hause an. Diesmal nicht, denn es liegen noch 5 Wochen vor uns. Einfach nur toll. Langweilig wird es uns scheinbar nie wenn wir auf Achse sind und auch die Aussicht auf einen weiteren trüben Tag kann unseren Tatendrang nicht stoppen. Wir schlendern am Hafen entlang ins Zentrum und wie auch schon in Stockholm haben wir viel zu entdecken. Die Stadt hat trotz vielen Neubauten ihren Reiz und ist sehr lebendig. Wir schlendern durch die Geschäfte und bummeln erstmal bis wir Hunger bekommen. Wir finden eher zufällig das beste traditionelle Restaurant: Emmas Drömmekjökken. Der Speiseraum sieht aus wie in Oma Ernas Wohnzimmer. Ich sehe Walfleisch auf der Karte und Achim sieht mein Stirnrunzeln. Schon gut sagt er, ich esse keins!!! Wir entscheiden uns beide für die Königskrabbe und tun uns anfangs schwer mit dem herauspulen des weißen faserigen Fleisches. 

Den Kaffee gibts im Wohnmobil, denn die Hunderunde steht an. Bevor wir ins Museum wollen kündigt sich laut hupend das Postschiff an und  Hurtigruten Midnatsol  fährt  durch unser Wohnzimmer. Gigantisch!

 

Zeit für ein bisschen Kultur. Wir gehen ins Polaris, eigentlich mehr ein kleines Erlebniszentrum als Museum. Hier werden das Leben und die Entdeckungen der subpolaren Zone vorgestellt. Im Polaria sehen wir die Polarregion und die Barentsee. Es hat auch einige Aquarien und Becken, die die Fische dieser Region beheimaten. Um 15 Uhr sehen wir dem lustigen Training und der Fütterung der Bartrobben zu. Anschließend eine Filmdokumation über die Landschaft, die teilweise an eine Mondlandschaft erinnert und der Region ums Nordkapp sehr ähnelt. Im weiteren Verlauf dann die ewig langen Eislandschaften in der ein menschliches Überleben nicht möglich scheint. 

Direkt daneben scheint ein ehemaliges Expeditionsschiff unter einem Glasdach zu liegen. Das vermuten wir, weil wir die Statue von Roland Amundsen davor sehen. Doch weit gefehlt, es ist ein Robbenfängerschiff. Hätte ich das gewußt hätte ich den Eintritt nicht bezahlt. Bereits nach wenigen grausamen Informationen stelle ich mein Headset aus! Die Jäger fuhren damit auf die Inseln und machten sich die Tatsache zunutze, dass viele Robben zur Fortpflanzungszeit in Kolonien leben. Die Robben haben auf den Inseln keine Feinde, also fliehen sie nicht und lassen sich problemlos töten. Ursprünglich wurden sie mit Metallstangen, sogenannten Hapapiks getötet. Das sind stumpfe Waffen, damit das Fell nicht zerstört wird. Erleichtert lese ich die Tatsache, das die Jagd auf Robben im Mai 2015 in Norwegen eingestellt ist. 

Erst sieht es so aus als würde der Himmel aufreißen und wir sind etwas hin und hergerissen, ob wir mit dem Fahrrad über die Brücke auf die Festlandseite fahren sollen. Dort kann man mit einer Seilbahn den Berg hochfahren und Tromsö von oben betrachten. Doch dazu braucht es Sicht und den ganzen Tag hat man noch keinen Blick auf den Aussichtsturm gehabt. Jetzt können wir ihn sehen. Es ist uns aber schlichtweg zu kalt und wir wissen nicht ob es wirklich aufklart. Wir machen lieber noch eine kleine Kneipentour und setzen uns in den windgeschützten  Aussenbereich eines Pubs. Er wird mit Wärmestrahlern an den Decken beheizt und es ist gut was los. Später setzten wir uns noch in Mats Ölbryggeri und verfolgen das spannende WM Spiel Schweiz - Kroatien. Hopp Schwyz, Norwegen feiert das 2:1 unseres Nachbarlandes. 

Samstag, 23. Juni

 

Heute werden wir bereits vom Regen geweckt und wir drehen uns erst noch mal um und schlafen weiter. Es ist ein ganz grauer Tag und laut Wettervorhersage wird das den ganzen Tag so bleiben. Wir trödeln fast bis mittags rum und mummeln uns feste ein, denn es hat nur 7 Grad und zum Polarmuseet ist es doch ein Stück zu laufen. Das Polarmuseet ist in einem der größeren alten Häuser untergebracht und als wir eintreffen ist bereits ordentlich was los. Kein Wunder bei dem Wetter. Hier heften wir uns auf die Spuren von Roald Amundsen (1872-1928), dem Polarforscher auf dessen Wirken man in der ganzen Stadt immer wieder trifft. Nachdem er sein Medizinstudium abgebrochen hat, zog er auf Robbenfang in die Arktis. Dort keimte in ihm der Wunsch Polarforscher zu werden. Zuerst wurde er als Steuermann bei der Belgica angeheuert. Ziel dieser Expedition war es, den magnetischen Südpol zu vermessen. Seinem Wunsch, den magnetischen Nordpol zu vermessen und eine eigene Expedition zu leiten, verwiklichte er nach Abschluss seines Studiums in Norwegen und Deutschland. Er spezialisierte sich auf Erdmagnetismus. Wir sehen Aufzeichnungen und Schriften, sowie Kleidung und Ausrüstungsgegenstände der Expeditionen, denn 1901 erwarb Amundsen den Fangkutter Goa und in einer zweijährigen Expedition, die er leitete hat er als erstes die Nordwestpassage in ihrer vollen Länge durchquert. Seine Vermessungen das geographische Material waren von großer wissenschaftlicher Bedeutung. Weitere spektakuläre Expeditionen mit Flugzeug und Luftschiff folgten. 

Auch die Entwicklung der Jagdmethoden wird im Polarmuseet erklärt. Früher brauchte eine Gruppe Männer fast zwei Stunden, um einen Eisbären zu erlegen. Wir sehen Selbstschussanlagen mit Gewehren in einem Kasten. Im vorderen Bereich wurde ein Robbenspeckköder ausgelegt, der durch eine stramm gespannte Schnurr mit dem Abzug des Gewehres verbunden war. Auf diese Weise wurde der Eisbär schnell erlegt, wenn er den Köder nahm. Diese Anlagen wurden 1970 verboten. Hinterließ ein Muttertier ein Junges, wurde dies lebend gefangen und teuer an die Zoos verkauft. Wieder bin ich erleichtert, das 1976 die Jagd auf Eisbären international aus Artenschutzgründen  verboten wurde. Auch die Walross wurde bejagt. Im Ursprung mit einem Speer, wenn sie an Land lagen. Später dann vom Boot aus mit Harpune und Speer. Die Hauer waren wichtiges Zahlungsmittel und die Walroßhaut wurde zu Lederriemen verarbeitet. Als später die Schusswaffen zum Einsatz kamen reduzierte sich der Bestand drastisch und so wurde das Walross 1952 unter Naturschutz gestellt.  

Wir haben Hunger und so machen wir uns auf die Jagd nach dem letzen freien Tisch im Restaurant von gestern. Emmas Drommekjokken ist voll ausgebucht und wir setzen uns an einen letzten freien Tisch. Heute gibt es eine warme Suppe vorweg. Achim isst gratinierten Fisch und ich Toast mit Krabbencocktail. Anschließend kaufen wir noch richtige Regenoutdoorschuhe, denn wir tragen unsere festen Wanderschuhe. Sie sind warm und von all unseren mitgebrachten Schuhen halten sie den Regen am besten ab. Den weiteren Wetterprognosen zu urteilen eine lohnende Investition. Tromsö hat verständlicherweise ein großes Angebot davon. Unsere neuen Schuhe werden professionell in einer eigenen Maschine imprägniert. Hoffentlich haben wir jetzt alles um den nordischen Wetterlaunen zu trotzen. 

Den späten Mittag verbringen wir mit den Hunden und irgendwie zieht es uns nicht mehr raus. Heute feiert Norwegen seine Mittsommernacht und ganz traditionell regnet es. Die Kellnerin im "Emmas" erklärt uns, das sie und ihre Familie die Feierlichkeiten auf Morgen verschieben, da es trocken bleibt. Na das sind doch schonmal grandiose Aussichten. Mal sehen ob wir uns von der Feierlaune noch anstecken lassen, oder im kuschligen Wohnzimmer bleiben. 

Sonntag, 24. Juni

 

Heute regnet es zwar nicht, aber es ist immer noch sehr trüb. Wir stehen jetzt bereits seit drei Tagen auf dem Parkplatz am Hafen in Tromsö und wir müssen entsorgen. Wir haben zwei Toilettenkassetten, somit müssen wir uns nicht hinter einen Container verziehen um unsere Geschäfte zu erledigen wie andere. Wir entschließen uns  auf den Camping Tromsö zu fahren und eine weiteren Tag in der schönsten der nördlichen Städte zu bleiben. Der Campingplatz lieg praktischerweise auf der anderen Seite der gewaltigen Brücke. Idealer Ausgangspunkt um die Eismeerkathedrale und auf den Storsteinen, der sich auf fast 500 Meter über dem Meer erhebt zu erkunden. Zuerst laufen wir zur Talstation und fahren mit der Seilbahn etwa vier Minuten steil den Berg hinauf. Die Seilbahn ist die beliebteste Sehenswürdigkeit in Tromsö und entsprechend viel ist hier los. Vom Plateau aus hat man eine spektakuläre Panoramasicht über Tromsö, die Fjorde und die Berge. Leider haben wir keinen wolkenlosen Himmel, deswegen sind die Aufnahmen zwar toll, aber die Farben kommen verständlicherweise nicht heraus. Zufällig kündigt sich auch heute wieder um die gleiche Zeit mit lautem Hupen die Hurtigruten an und sie fährt stolz in den Hafen ein. Respektvoll wird sie vom größerem Schiff zurückgegrüßt. Der Wind pfeift uns hier oben ordentlich um die Ohren aber der Blick ist unglaublich schön. Die Seilbahn wurde 1961 von einer Reederei eröffnet und 1979 ist in der oberen Station ist 1979 ein Feuer ausgebrochen. Das Restaurantgebäude wurde völlig zerstört und erst 13 Jahre später wieder eröffnet worden.  Hier essen wir mit Panoramablick auf Tromsö frischen Lachs und einen Rentierburger. Wieder zurück im Tal marschieren wir zur Eismeerkathedrale. 

 

Es ist nicht weit und wir erreichen das imposante weiße Gebäude bereits nach einem Kilometer. Eine richtige Kathedrale, also eine Bischofskirche ist das Wahrzeichen der Stadt eigentlich nicht. Sie ist eine evangelisch-lutherische Seemannskirche und wurde erst 1965 auf der Festlandseite auf einem kleinen Hügel gebaut. Hier werden Mitternachtskonzerte angeboten. Innen ist die Kirche sehr schlicht und zur eindrücklichsten Ausstattung gehören die Mosaikwand hinter dem Altar und die mondänen Orgelpfeifen gegenüber der Kirche. Das farbige Mosaik ist eines der größten Glasmonumente Europas und trägt den Namen "Die Wiederkehr Jesu" Die weißen Dachschrägen reichen bis an den Boden und sind im Norden und Süden die Außenwand und aus Beton. 

Schließlich wandern wir über einen Trampelpfad wieder zurück an den Platz. Wir laden unsere elektrischen Geräte am Strom auf und überprüfen unsere Gas- und Brennstoffvorräte. Anschließend gehen wir in die Sauna. Sie ist inklusive und ohne Zeitfenster. Die Handtücher können wir auch waschen, müssen allerdings vorher den Chip unserer Karte, die auch Zugang zu den Sanitäranlagen ermöglicht mit 100 Kronen aufladen. Trocknen inklusive. Der Himmel scheint aufzureißen und wir überlegen uns die Fahrräder abzuladen und nochmals in die Stadt zu fahren. Doch die Wolkenlücken waren nur von kurzer Dauer und wir bleiben heute Abend am Platz.